Unter anderem rechnet Jon "Maddog" Hall, Geschäftsführer von Linux_International, einer gemeinnützigen Vereinigung von Computerfirmen zur Förderung GNU/Linux-basierter Systeme, in seinem offenen Brief vor, dass täglich etwa fünf Milliarden US-Dollar - bei circa einer Milliarde Computern auf der Welt, davon etwa 900 Millionen Desktop-Systeme - durch proprietäre und Closed_source-Software verschwendet werden. Außerdem würden solche Programme den freien Wettbewerb verhindern, da nur die ursprünglichen Hersteller als alleinige Besitzer des Quelltextes Fehler bereinigen oder neue Funktionen einbauen können.
Für ein weiteres Rechenbeispiel bedient sich "Maddog", der seinen Spitznamen seinerzeit von seinen Stundenten aufgrund seines "damals noch weniger gezügelten Temperaments" erhalten hatte, der Studienzeit Obamas auf der berühmten Universität Harvard und setzt dessen damalige Studiengebühren in Kosten pro durch unfreie Software verlorene Studienstunden um - nicht ohne kleine Seitenhiebe an George W. Bush und Bill Gates zu verteilen. Anschließend spannt er den Bogen zu den Kosten der tagtäglich verlorenen Arbeitsstunden in der Weltwirtschaft durch Softwareprobleme.
Hall beschreibt weiterhin die Situation eines befreundeten Restaurantbesitzers, welcher "dank" proprietärer Software sein Kassensystem bis heute nicht automatisieren kann, sowie die Probleme von Menschen in Ländern wie Kenia (Barack Obama ist kenianischer Abstammung) oder Äthiopien, die durch ihre weltwirtschaftlich unbedeutenden Märkte keine lokalisierten Versionen der verbreiteten proprietären Programme und Systeme erhalten, während z.B. Ubuntu bereits seit mindestens 2007 Amharisch, die Amtssprache Äthiopiens, unterstützt.
Wenn man, so "Maddog", nicht über eine gewisse Überzeugungskraft verfüge, wie z.B. große Firmen oder Regierungen, hätte man wenig Einfluss auf den Entwicklungsprozess und gegebenenfalls dringend benötigte Funktionen proprietärer Software. Mittelständische Unternehmen, welche in etwa 50% des US-amerikanischen Bruttosozialprodukts erwirtschaften, blieben dabei prinzipbedingt außen vor.
An dieser Stelle zeigt Hall nun die Vorteile freier und Open-Source-Software auf. Dank ihrer Freiheit und des offenen Quelltextes kann jeder einen Software-Experten seiner Wahl mit der Korrektur oder Erweiterung seiner Programme beauftragen, welcher im Idealfall diese Änderungen wieder an den ursprünglichen Entwickler dieser Software als Patches zurückfließen lässt. Dies führe auch zu der von Obama angestrebten "(Um-)Verteilung des Reichtums", indem der Gewinn aus Softwareentwicklung und -wartung nicht primär wenigen zentralen Firmen zufließe. So würde, sinniert "Maddog", sein eigener "kleiner Bundesstaat" New Hampshire auch etwas von dem Reichtum abbekommen, welcher zur Zeit konzentriert nach z.B. Redmond, Washington (dem Firmensitz Microsofts, Anm. des Autors) fließt.
Abschließend legt Hall seinen Plan für die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und möglichen Ersparnissen des Regierungshaushaltes dar:
Eine öffentliche Ausschreibung für die Entwicklung eines Frameworks (Entwicklungsrahmens) für Regierungssoftware. Nach der Auswahl des besten Systems können freie Programmierer auf Bundes-, Landes- und Städteebene für die Programmierung darauf aufbauender Systeme angeworben werden.
Die bereits in einigen Bundesstaaten vorhandenen Open-Source-Lösungen sollten durch Zusammenarbeit, Abstimmung und Transparenz kompatibel zueinander gemacht werden.
Der US-amerikanische Staat sollte freie Softwareprojekte erwerben bzw. fördern, jedoch gezielt nur solche, die ihre Entwicklungen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen und es somit regionalen Softwareentwicklern ermöglichen, mit den "Global Players" zu konkurrieren.
Eröffnung eines CCC ("Civilian Computer Corps", wahrscheinlich eine Anspielung auf das Civilian_Conservation_Corps, einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von 1933 bis 1945, Anm. des Autors), um Menschen in der Benutzung und Entwicklung freier Software zu schulen und "nicht darin, was die Hersteller darunter verstehen".
Mit den letzten Worten seines offenen Briefes erinnert Jon "Maddog" Hall Präsident Obama daran, sich vielleicht einmal um den Stand der Kartellverfahren gegen Microsoft zu kümmern, die "eigentlich ganz gut liefen, bis Ihr Vorgänger an die Macht kam...".
Danke für den Hinweis an ChristianR.