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Der Teufels-Kernel

linux.png

Nicht ganz drei Monate nach dem Weihnachts-Kernel wird uns eine neue Ausgabe, Linux-Kernel 2.6.29, beschert.

Das Teuflische daran ist das Fehlen von Linux-Maskottchen Tux, der sich bis zur Veröffentlichung von 2.6.30 eine Auszeit gönnt und dabei würdig von dem Beutelteufel Tuz vertreten wird.

Ansonsten gibt sich 2.6.29 ganz manierlich und bietet, wie man es von einem neuen Kernel erwartet, einiges an Neuerungen. So legt Kernel Modesetting den Grundstein für einen flackerfreien Startvorgang und damit den Startbildschirm Plymouth, der schon in Ubuntu 9.10 Einzug halten könnte.

Mit Btrfs ist nun ein neues auf Leistung getrimmtes Dateisystem am Start, das sich allerdings noch in der Entwicklung befindet und daher nicht für den produktiven Einsatz geeignet ist. Fertig ist dagegen SquashFS, ein komprimierendes Read-only-Dateisystem für den Einsatz z.B. auf Live-CDs.

eCryptfs 🇬🇧 ist an sich nichts Neues, bislang wurden damit jedoch nur die Inhalte von Dateien verschlüsselt. Ab jetzt können auch die Dateinamen mit dem Dateisystem-weiten Schlüssel chiffriert werden. Konsistente Backups eines Dateisystems sind nur möglich, wenn während der Erstellung der Sicherung keine Schreibvorgänge darauf durchgeführt werden. Eine passende Funktion hierzu konnte Linux bislang nicht aufweisen, mit Filesystem freeze können nun von eingehängten Dateisystemen vollständige und konsistente Sicherungen oder Replikate im laufenden Betrieb erstellt werden. Ext4 kann nun mit einem no journal mode aufwarten, bei dem eine kleine Leistungsteigerung durch den Verzicht auf ein Journal erkauft wird, auch unter der höheren Gefahr eines Datenverlustes im Fehlerfall.

Alle, die gerne mit großen Multiprozessorsystemen arbeiten, werden sich darüber freuen, dass der Kernel nun bis zu 4096 Prozessoren von Haus aus unterstützt. Damit derartige Systeme auch möglichst performant arbeiten, wurde das klassische RCU (Read-Copy Update), ein Mechanismus zur Synchronisation von zeitgleichen Schreib- und Lesevorgängen auf den Speicher, überarbeitet. Ursprünglich für Rechner mit 16 bis 32 CPUs entwickelt, ist es für moderne Multiprozessorsysteme nicht mehr geeignet und verwendet nun hierarchische Strukturen, die eine bessere Skalierbarkeit erlauben.

WiMAX ist nun auch im Linux-Kernel angekommen: Der Stack des Breitband-Funks stammt von Intel und wurde auch gleich mit einem Treiber für deren WiMax/WiFi Link 5x50 🇬🇧 Karten versehen. Für den Betrieb eines WLAN Access Point unter Zuhilfenahme des hostapd 🇬🇧 wurde der mac80211-Stack angepasst. Der Wireless Access Point mode kann allerdings nur mittels cfg80211 🇬🇧 konfiguriert werden, auch müssen die Treiber der zu nutzenden Hardware dies unterstützen.

Daneben fanden auch wieder einige Treiber den Weg in den Kernel. Netbook-Besitzer werden sich besonders über die WLAN-Treiber rt2860 und rt2870 für Ralink-Karten, für Realteks rtl8187se-Chip oder für Airgos AGNX00 Chips freuen. Die kleinen OLED-Displays von Asus-Notebooks können nun über einen Treiber angesprochen werden. Mit dem openPOWERLINK-Stack 🇬🇧, einer Umsetzung von CANopen über Ethernet, steht nun ein Kommunikationsprotokoll zur Verfügung, das in der Automatisierungstechnik verwendet wird.

Viele weitere Neuerungen und Fehlerkorrekturen haben in 2.6.29 Eingang gefunden, die hier nicht vollständig betrachtet werden können. Eine sehr ausführliche Übersicht bietet die englischsprachige Seite KernelNewbies.org 🇬🇧.

Ubuntu-Anwender werden vorerst nicht in den Genuss des neuesten Kernels kommen, da die kommende Ubuntu-Version Jaunty Jackalope den Vorgänger-Kernel nutzt.

Quelle: Kernel Newbies

Veröffentlicht von mfm | 25. März 2009 22:29 | Kategorie: Linux und Open Source | # Fehler im Artikel melden

DenniX

Avatar von DenniX
1 25. März 2009 23:03

Waaaaas? 4096 Prozessoren? 🤣 geil 😀 Gibt es schon Großrechner die diese Anzahl aufweisen können?

mfm

Avatar von mfm
2 25. März 2009 23:25

Hmm, JUGENE: 65.536 Proze, soll dieses Jahr auf 294.912 aufgerüstet werden. Ok, da läuft nicht gerade Ubuntu drauf....

Master_eD

Avatar von Master_eD
3 25. März 2009 23:32

ja mein netbook *lol*

d1rk

4 26. März 2009 00:39

Toll 4096 CPUs nativ und Klickibunti-Startvorgang. Wurde auch die Performance gesteigert (wie jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, gilt es beim Startvorgang Prozessor, Festplatte und Arbeitsspeicher maximal auszunutzen *g*), oder „nur“ die Multiprozessor-Unterstützung reingehackt?

Developer92

Avatar von Developer92
5 26. März 2009 06:02

Ich find das toll, dass RCU überarbeitet wurde. Ich weiß zwar nicht genau, was das ist aber laut Beschreibung klingts toll.

Thomas_Kramps

6 26. März 2009 08:45

(...) der schon in Ubuntu 9.10 Einzug halten könnte.

Ey, hab ich was verpasst? Kann mich gerade mal jemand wachküssen? (Eine Prinzessin bitte)

mfm

Avatar von mfm
7 26. März 2009 08:45

@5: Puuh, jetzt wird's haarig - Ich verstehe den Sinn des RCU so: RCU verhindert, dass ein Lesevorgang auf einen in der Bearbeitung befindlichen Speicherbereich zugreift. Lese- und Schreibvorgänge werden synchronisiert, damit entweder die Version einer Struktur vor oder die nach der Bearbeitung gelesen wird, aber nicht die halbfertige. Stelle dir mal vor, was passiert, wenn der X-Server die xorg.conf einliest, während du ein paar Zeilen weggelöscht hast und gerade mitten im Tippen der modeline bist - es gibt Pixel-Müsli. Ähnliches kann passieren, wenn irgendwelche Verweise im Speicher aktualisiert werden und dann ein anderer Prozess ein paar der aktualisierten und ein paar der ursprünglich Bits liest.

Die Strukturen des herkömmlichen RCU wurden bei Sehr-viel-mehr-Prozessor-Systemen wohl zu groß und haben sich schon auf die Performance niedergeschlagen, daneben hat es auch CPUs, die eigentlich nix zu tun hatten und schlafen geschickt wurden, unnötigerweise immer wieder aufgeweckt.

Thomas_Kramps

8 26. März 2009 08:46

@6: ooooh, könnte. Hab konnte gelesen. Nunja, wachküssen müsst ihr mich trotzdem 😉

mfm

Avatar von mfm
9 26. März 2009 09:01

@8: Also den Blueprint 🇬🇧 gibt es ja schon, ich habe das auch irgendwo gelesen, dass der komische Koala 😎 damit ausgestattet werden soll - meine einzigen Quellen sind aber Phoronix 🇬🇧 und Ikhaya selbst. Diskutiert wurde Plymouth ja schon für Jaunty, aber ohne Kernel Modesetting, das im Jaunty-Kernel ja noch nicht drin ist, läuft mit Plymouth nix. Vielleicht werden bis zum Karmic-Release ja auch weitere Grafik-Chips außer denen von Intel unterstützt.

detructor15

10 26. März 2009 09:01

@2: und was läuft da dann für ein betriebssystem drauf? wenn der linuxkernel 4096 prozzesoren schafft...dann kann ein linux da überhaupt nicht drauf laufen (das heißt, es könnte schon, würde aber nicht alle prozessoren nutzen können)

Nach Windows und Apple braucht man hier wohl gar nicht erst fragen. Bleiben noch Unix, Solaris und (Free)BSD.

mfm

Avatar von mfm
11 26. März 2009 09:17

@10: Es läüft ein Linux drauf - oder eher viele Linuxe. Auf jedem Node läuft linux, jeder Node hat einen Quad-Core-Prozessor und 2 Gb RAM. JUGENE ist ein BlueGene/P von IBM.

mfm

Avatar von mfm
12 26. März 2009 09:44

@4: Naja, einige der Änderungen dienten auch der Optimierung, btrfs und Ext4 sind ja performanter beim Plattenzugriff, und solche Dinge wie Verbesserungen an fsync batching 🇬🇧 bringen natürlich auch etwas Gewinn (wenn man die entsprechende Hardware/Funktion nutzt). Zudem wird in jedem Kernel ein wenig aufgeräumt, veralteter Code entsorgt, oder optimiert. So wird z.B. immer noch daran gearbeitet, den Big Kernel Lock 🇬🇧 vollständig zu entfernen, wodurch man dann wieder etwas vom alten Code entsorgen und gleichzeitig einen für die Leistung ungünstigen Mechanismus loswerden würde.

Insofern: Ja, auch für die Leistung wurde etwas getan, aber das steht diesmal nicht so prominent im Vordergrund. Dagegen steht eben, dass der Kernel immer größer wird - ein Umstand, der einer Steigerung der Performance sicherlich nicht entgegen kommt.

SamVimes

Avatar von SamVimes
13 26. März 2009 16:14

warum benutzt Ubuntuusers eigentlich immer noch Tux und nicht Tux?

Mogli91

14 26. März 2009 18:50

@13: du meinst wohl Tuz ^^

Seder

15 26. März 2009 19:27

wird wohl erst kommen, wenn ubuntu 2.6.29 verwendet 😉

TamCore

16 27. März 2009 00:33

Wann kommen denn die .debs für den 2.6.29er? ☺

Thomas_Kramps

17 27. März 2009 08:04

@15: Das wird wohl nicht der Fall werden. Erfahrungsgemäß wird eher der 2.6.30 in Karmic Einzug halten. Und dann ist Tux auch schon wieder zurück.
Ganz ehrlich ist er mir auch lieber ☺

joelue

18 27. März 2009 14:59

@16: Kompilier doch selbst, ist im Artikel Kernel gut beschrieben.

Geier

Avatar von Geier
19 27. März 2009 17:06

@16:

Aktuelle Kernel können auch per Paketverwaltung installiert werden: Ikhaya-Artikel.

DeJe

20 31. März 2009 21:08

Ich bin ziemlich enttäuscht vom 29er und bleibe erst einmal beim 2.6.28.

- X funktioniert nicht mehr. - Netzwerk/WLAN bringt massive Probleme mit sich.

Diese "Beta" gegen einen stabilen und funktionierenden Kernel tauschen? Nöö danke. 😉 Nein, ob der Kernel ext4 oder Dreizigtrillionen CPUs usw. unterstützt läßt mich relativ kalt. Mir würde reichen wenn er stabil auf verfügbarer Hardware funktionieren würde... 😉

PS: der 29er ist schon seit einiger Zeit unter Arch verfügbar. Alle Tests von ...-1 bis ...-4 haben bisher keine Besserung gebracht. ☹