2.6.34 wird voraussichtlich nicht in eine stabile Ubuntu-Version einziehen, wurde doch während des Ubuntu Developer Summits in Brüssel der Nachfolger als Kernel für das im Oktober erscheinende Ubuntu 10.10 bestimmt. Somit ist dem neuen Kernel höchstens ein Schattendasein in den frühen Entwicklungsstadien von Maverick Meerkat bestimmt, bis die ersten Versionen von 2.6.35 vom Ubuntu Kernel-Team übernommen werden. Dabei hätte doch auch 2.6.34 schon einiges zu bieten:
Nutzer von Systemen mit mehreren Grafikchips können davon nun auch Gebrauch machen. Oft werden in Laptops eine sparsame, aber wenig leistungsfähige, und eine schnellere, jedoch auch besonders energiehungrige Grafikkarte verbaut. Der neue Kernel ermöglicht nun das Umschalten zwischen diesen GPUs im laufenden Betrieb. Ein Wermutstropfen bleibt: X bedarf eines Neustarts, um mit dem Wechsel des aktiven Grafik-Chips klarzukommen.
Noch nicht für den Endanwender bereit ist die Implementierung des Treibers für ATIs Radeon Evergreen Chipsätze (Radeon HD 5xxx). Es fehlen noch wichtige Funktion, wie auch der Betrieb der 3D-Beschleunigung. Diese sind allerdings in Arbeit und sollen in den kommenden Versionen ausgebaut werden, um möglichst umfassende Unterstützung bieten zu können.
Der freie Nvidia-Treiber Nouveau wurde wieder etwas mehr befreit, indem nun auf die proprietäre Firmware für Karten der NV50-Generation verzichtet werden kann. Das Programm ctxprogs erzeugt die Firmware zur Laufzeit einfach selbst.
Neue Dateisysteme braucht das Land! Das 2.6.34 hat davon gleich zwei im Gepäck, Ceph 🇬🇧 und LogFS 🇬🇧. Ceph ist ein verteiltes Netzwerk-Dateisystem, das bis auf Petabyte-Größe skalieren soll (1 Petabyte entspricht 1000 Terabyte). Es verteilt die Metadaten, als auch die Dateien selbst so über per Netzwerk zu Clustern zusammengeschlossene Server, dass kein Single Point of Failure entsteht. Die in den Kernel aufgenommene Komponente, welche im Übrigen noch als experimentell gekennzeichnet ist, stellt den Client Teil zum Zugriff auf mit Ceph realisierte Dateisysteme dar. Der Server-Teil ist als Daemon ausgeführt.
LogFS soll dagegen klar auf dem Client zur Anwendung kommen und Flash-basierten Speichermedien durch eine gleichmäßigere Nutzung des Speichers eine höhere Lebensdauer bescheren. Es arbeitet logstrukturiert, das bedeutet, dass neue oder geänderte Daten an bereits beschriebene Speicherbereiche angefügt werden. Bereits belegte Blöcke, deren Inhalt schon als gelöscht markiert wurde, werden erst wieder beschrieben, wenn keine freien mehr zur Verfügung stehen.
Das bereits in 2.6.30 eingeführte FS-Cache, das durch Zwischenspeichern den Zugriff auf bestehende Netzwerk-Dateisysteme wie z.B. NFS beschleunigt, kann nun offiziell genutzt werden, die „experimentell“-Markierung wurde nun entfernt. btrfs wurde um neue Funktionen bereichert. So können nun die standardmäßig eingehängten Subvolumes oder Snapshots dauerhaft selbst festgelegt werden, auch steht nun ein neues Werkzeug zum Bedienen von btrfs zur Verfügung, das die alten Utilities ersetzt. Soll ein Snapshot des Dateisystems erstellt werden, so wartet btrfs noch im Gang befindliche Schreibvorgänge ab, bevor es mit der Erstellung beginnt.
Verbesserungen beim Energiesparen erhofft man sich von asynchronen Suspend/Resume-Modi. Hier werden Geräte zeitgleich in den Schlafzustand geschickt, statt nacheinander. Dies soll die Einschlaf- und Aufwachzyklen beschleunigen. Leistungssteigernd, zumindest in Extremsituationen, soll sich die Umsetzung des RFC 5082 🇬🇧 auswirken. Es verhindert Denial-of-Service-Angriffe auf Router bzw. schwächt deren Wirkung ab.
vhost net 🇬🇧 soll die Leistung bei der Nutzung virtueller Maschinen unter KVM verbessern, genauer gesagt deren Netzwerk-Kommunikation. Bislang musste die Kommunikation über virtuelle Netzwerkschnittstellen zwischen mehreren Gast-Systemen über den Userspace laufen, also von einem Programm im Kontext des Benutzers behandelt werden. Dies wird nun vom Kernel selbst abgewickelt, „virtuelle“ Netzwerkpakete müssen dadurch weniger Instanzen durchlaufen und belasten somit das Host-System weniger.
Sollte der Kernel einmal selbst als Gast betrieben werden, so lässt er sich nun in Kooperation mit einem VMware-Host bereitwillig den zur Verfügung stehenden Arbeitsspeicher stehlen. Möglich macht dies der VMware-Balloon-Treiber, indem er bei erhöhtem Ressourcenbedarf des Host-Systems dem Gast ein Prozess mit hohem Speicherbedarf vorgaukelt, der „virtuell“ belegte Speicher jedoch wieder vom Host genutzt werden kann.
Daneben kamen verschiedene neue Treiber hinzu, viele wurden überarbeitet und manche um die Unterstützung für weitere Hardware erweitert. Eine vollständige Übersicht findet sich auf der englischsprachigen Seite KernelNewbies.org 🇬🇧 .
Quellen: Linux kernel Mailing List 🇬🇧 und Kernel Newbies 🇬🇧
Danke an Drache für den Hinweis.