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[Kwami] Das Problem der Creative-Commons-NonCommercial-Lizenzen

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Viele werden es vielleicht in den Nachrichten gelesen haben: Das Landgericht Köln hat vor zwei Wochen über eine Creative-Commons-Lizenz entschieden. Wieso der Kläger, der seine Bilder unter Creative Commons veröffentlichte, Recht bekam und welche Probleme das Urteil aufzeigt, erklärt Dominik Wagenführ in diesem Artikel.

Hinweis:

Dieser Artikel gehört der Kategorie Kwami an. Er spiegelt damit allein die Meinung des Autors und nicht zwingend die des ubuntuusers.de-Teams wider.

Was ist Creative Commons?

Wem diese Frage bekannt vorkommt, der sei auf den ausführlichen Ikhaya-Artikel zu diesem Thema verwiesen. Wer die Frage nicht kennt, sollte den Artikel erst recht lesen.

Kurz zusammengefasst: Creative Commons (kurz: CC) ist ein Lizenzmodell, um kreative Inhalte so zu verbreiten, dass es den Nutzern erlaubt ist, diese Inhalte weiter zu verwenden. Dabei gibt es nicht eine Lizenz, sondern eine Vielzahl von Lizenzen, die modular aufgebaut sind. Zu den Modulen gehören:

  • BY (Attribution = Namensnennung) – Zwingender Teil jeder CC-Lizenz, sodass der Rechteinhaber bei einer Weitergabe immer genannt werden muss.

  • SA (ShareAlike = Weitergabe unter gleichen Bedingungen) – Bei Bearbeitung oder Ableitung des Inhalts, muss das neue Werk unter einer vergleichbaren Lizenz veröffentlicht werden.

  • ND (NoDerivatives = Keine Bearbeitung) – Das Originalwerk darf nicht verändert werden.

  • NC (NonCommercial = Nicht kommerziell ) – Das Werk darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden.

Creative Commons vor Gericht

Es gibt zahlreiche Befürworter von Creative-Commons-Lizenzen, die diese aber trotzdem aus einem simplen Grund nicht nutzen. Sie stellen sich die einfache Frage: „Würde ich vor Gericht gehen, wenn jemand die Lizenz verletzt?“ Wenn man die Frage mit „Nein!“ beantwortet, kann man sich ja selbst überlegen, welchen Sinn es hat, überhaupt irgendeine Lizenz für seine Werke zu benutzen. (Zusätzlich gebietet es die Höflichkeit der Free-Content-Szene, dass man beim Rechtsverletzer erst einmal höflich anfragt und um Korrektur bittet, ehe man mit dem Anwalt ins Haus fällt.) Aber natürlich sollte man das Bild nicht so düster malen: Auch ohne Anwalt legen die Creative-Commons-Lizenzen zumindest dar, was jemand legal mit dem Werk machen darf. Das heißt, man erleichtert denen, die sich an Lizenzen und Urheberrecht halten, die Nutzung der Inhalte.

Nichtsdestotrotz haben sich aber Menschen gewagt, aufgrund einer Verletzung der CC-Lizenz vor Gericht zu gehen. Das erste Urteil stammt vom Landgericht Berlin aus dem Jahr 2010. Hier wurde ein Bild, welches unter CC-BY-SA lizenziert war, verwendet, ohne die Urheberin anzugeben. Das Landgericht Berlin stimmte der Klägerin zu und verbot die Benutzung.

Vor zwei Wochen gab es ein weiteres Urteil zu Creative Commons. Wieder ging es um ein Bild, dass unter CC-BY-NC lizenziert war und auf einer Webseite des Deutschlandradios benutzt wurde. Dieses Mal wurde vorm Landgericht Köln verhandelt, das dem Kläger mit den folgenden Worten Recht gab:

Nach dem objektiven Erklärungswert ist unter der Bezeichnung „nicht kommerzielle Nutzung“ eine rein private Nutzung zu verstehen.

Dass man dies als eine Fehlentscheidung des Landgerichts ansehen kann, kann beispielsweise bei Rechtsanwalt Thomas Stadler nachgelesen werden.

Das Problem mit NonCommercial

Die Entscheidung des Gerichts zeigt sehr gut, dass nicht klar definiert ist, was „nicht kommerziell“ bedeutet. Sicherlich steht in den Lizenzbedingungen 🇬🇧:

Sie dürfen die in Ziffer 3 gewährten Nutzungsrechte in keiner Weise verwenden, die hauptsächlich auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine vertraglich geschuldete geldwerte Vergütung abzielt oder darauf gerichtet ist.

Diese Klausel ist immer noch nicht hundertprozentig zu greifen und lässt einen gewissen Interpretationsspielraum zu.

Im Jahr 2009 führte Creative Commons selbst eine Studie 🇬🇧 durch, um von den Lizenz-Nutzern zu erfahren, was diese unter NonCommercial verstehen. Das Ergebnis war die Tatsache, dass fast jeder etwas anderes unter „kommerziell“ versteht. Manche verstehen darunter bereits Online-Werbung in einem Portal. Andere sehen dies als okay an, solange damit nur die Serverkosten gedeckt werden. Und für viele machte es einen Unterschied, ob es eine milliardenschwere, börsennotierte Firma oder eine Charity-Organisation als kommerziell zu bewerten galt. Das heißt, auch die Lizenz-Nutzer sind sich nicht einig, was unter kommerziell zu verstehen ist. Leider gab es mit der Version 4.0 der Creative-Commons-Lizenzen keine Veränderungen in irgendeine Richtung.

All diese Probleme, die sich aus der Nutzung der CC-NC-Lizenz ergeben, hat Dr. Paul Klimpel in der Broschüre „Freies Wissen dank Creative-Commons-Lizenzen – Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingung »nicht kommerziell – NC«“ sehr gut zusammengefasst.

Wieso gibt es dann NonCommercial noch?

Eine Idee von nicht-kommerziell ist im Prinzip, dass ein Urheber sein Werk verbreitet sehen möchte, sodass es jeder frei und kostenlos nutzen kann. Der NC-Zusatz stellt sicher, dass niemand Geld für die Bereitstellung nehmen kann.

Zusätzlich stellt der Zusatz aber auch sicher, dass große Unternehmen keinen Vorteil aus Creative-Commons-lizenzierten Werken erhalten. So fallen naturgemäß bei der Verwendung von CC-lizensierten Werken keine Lizenzkosten an, die Firma könnte selbst aber aus dem Werk Profit herausschlagen. Als Beispiel sei genannt, dass man einige Creative-Commons-Lieder auf einem Sampler presst oder dass man eine Zeitschrift mit Creative-Commons-lizenzierten Artikeln am Kiosk veröffentlicht. Mit dem NC-Zusatz wäre dies nicht möglich.

Wie man sieht, hat NonCommercial im Prinzip schon Vorteile. Der Nachteil, d.h. die Rechtsunsicherheit, die durch die Interpretation aber bleibt, ist enorm.

NonCommercial bei ubuntuusers.de

Wer einen Blick auf die Lizenzseite von ubuntuusers.de wirft, sieht, dass im Wiki und Forum eine CC-BY-NC-SA-Lizenz zum Einsatz kommt – und zwar mit allen Problemen, die dies mitbringt. Im Newsportal Ikhaya dagegen nutzt man seit März 2012 keine NC-Lizenz mehr. Wir haben damals erkannt, dass der NC-Zusatz keinen Vorteil bringt.

Wieso wird die Lizenz dann im Wiki und Forum nicht auch umgestellt? Dies ist leichter gesagt als getan. ubuntuusers.de selbst ist nur der Plattformbetreiber, die Rechte an den Inhalten im Wiki und Forum gehören den jeweiligen Autoren. Wenn man die Lizenz rückwirkend, d.h. für bestehende Inhalte, ändern wollte, müsste man jeden Autor um Erlaubnis fragen. Wer einen Blick in die Geschichte des Wiki-Artikels Installation wirft, sieht, dass dies viel Aufwand wäre (zumal man die IP-Adressen aus den Anfangstagen des Wikis nicht einmal mehr einem Nutzer zuordnen kann).

Andere Projekte gehen da etwas rigoroser vor. So hat die Wikipedia ihre Dateien zusätzlich unter einer CC-Lizenz gestellt mit der Aussage: „Urheber hatten keine Einflussnahme auf die Umlizenzierung ihrer Werke.“ Dies ging aber nur, weil die Inhalte zuvor unter der GFDL 1.3 veröffentlicht wurde und es eine Migrationsklausel zu Creative Commons gab. Diese gibt es bei NonCommercial selbstverständlich nicht.

OpenStreetMap ist da etwas sanfter vorgegangen und hat bei ihrer Umstellung von einer CC-Lizenz hin zur Open Database License alle Autoren um Erlaubnis gefragt. Die Teile der Autoren, die die Zustimmung nicht gaben, wurden aus der Datenbank entfernt und mussten neu erfasst werden.

Insgesamt ist eine Lizenzumstellung bestehender Daten eine Mammutaufgabe. Bei Texten ist es noch komplizierter, weil ggf. aus einem Artikel nur einzelne Absätze herausfallen würden, ohne die der Text aber keinen Sinn mehr ergibt. In Ikhaya hatte man sich deshalb auch nicht für eine rückwirkende Änderung entschieden, sondern die neue CC-Lizenz (nach Zustimmung der damals aktuellen Ikhaya-Autoren) erst ab einem bestimmten Tag benutzt.

Genauso kompliziert kann es aber auch sein, wenn man einfach einen Stichtag für eine neue Lizenz festlegt. Alle neuen Forenbeiträge stünden unter dieser Lizenz. Auf der Wikiseite müsste man dies dann aber pro Passage oder gar pro Satz kenntlich machen. Es müsste also ein Weg gefunden werden, dies so übersichtlich zu gestalten, dass die Leseerfahrung darunter nicht leidet.

Was bringt die Zukunft?

Die Idee von NonCommercial hat Vorteile, die Unsicherheit überwiegt aber, weswegen man stark überlegen sollte, ob man für seine eigenen Werke den NC-Zusatz wählt. Gegebenenfalls schränkt man die Benutzung stärker ein als man es gewünscht hätte oder verunsichert zumindest potentielle Nutzer.

Bei ubuntuusers.de wird von einigen Teammitgliedern immer noch angestrebt, eine Creative-Commons-Lizenz ohne NC-Zusatz einzuführen. Über das Wie und den Umfang wird aber bereits seit einigen Jahren in gewissen Abständen immer mal wieder diskutiert. Eine Lösung, die keinerlei Arbeit schafft, wird es aber wahrscheinlich nicht geben.

Über den Autor

Dominik Wagenführ, im Forum unter dem Namen Dee bekannt, nutzt Creative-Commons-Lizenzen für alle seine Arbeiten, meidet dabei die NonCommercial-Lizenz soweit es geht.

Veröffentlicht von Dee | 9. April 2014 19:20 | Kategorie: Kwami | # Fehler im Artikel melden

zephir

Avatar von zephir
1 10. April 2014 13:22

So kompliziert stelle ich es mir nicht vor.

Im Forum neue Lizenz ab einem bestimmten Stichtag, das Erstellungsdtum steht ja bei jedem Beitrag dabei.

Bei Forenbeiträgen ist die Lizenz Frage aber wohl eh nicht so relevant.

Im Wiki neue Lizenz für neuangeleget Artikel, das müßte man ihrgendwie kenntlich machen. So schnell wie sich die Compuerwelt entwickelt hat man dann in ein paar Jahren auch schon nennenswerte Teile des Wiki unter einer freien Lizenz. Außerdem könnte man den Autoren die Möglichkeit geben, selbst ihre Artike zu relizenzieren, das mag bei einigen schwierig sein, viele haben aber auch nur einen oder zwei Autoren.

Schwierig wird es mit Artikeln, die nicht neuangelegt werden sondern grundlegend umgeschreiben werden. Evt kann man da eine Grenze definieren, ab wann sie als neu angeleght werden. Im extremfall halt nur, wenn keine Satzfragmente und Abbildungen aus dem alten Artikel enthalten sind.

Klar hat man dann immer noch eine Mischform, die verhinter, das das Wiki einheitlich unter einer CC Lizenz ohne NC klausel genutzt werden kann, aber immerhin für einzelne Artikel wäre es dann möglich. Umgekehrt ergeben sich ja keine Einschrenkung, eine nichtkommerzielle Nutzung des Wiki bleibt weiterhin für das Kpmplettwerk möglich.

Und ich bin sicher, in spätetsens 10 Jahren gäbe es keine relevanten Artikel mehr im Wiki mit der alten Lizenz. Man muß nur mal damit anfangen (und es natürlich wollen). Ich erinner mich, das es mal Diskussionen unter den Autoren gab, wo sich einige wehement gegen die Möglichkeit einer kommerziellen Nutzung ausgesprochen haben.

Dee

Avatar von Dee
2 14. April 2014 16:38

@1: Danke für die Antwort und Auseinandersetzung mit dem Thema.

Im Forum neue Lizenz ab einem bestimmten Stichtag, das Erstellungsdtum steht ja bei jedem Beitrag dabei.

Was ist bei Zitaten eines alten Beitrags? ... Aber ja, im Forum ist die Lizenzfrage eher zweitrangig.

Man muß nur mal damit anfangen (und es natürlich wollen).

Korrekt. Aber natürlich verstehe ich auch, dass man vorab die Risiken abschätzen sollte, die damit einhergehen. Ich habe auch schon Ideen, wie man es technisch lösen könnte, aber insgesamt hängt es an allen Ecken und Enden an Leuten, die es wirklich wollen und dann auch mit anpacken beim Umsetzen.

zephir

Avatar von zephir
3 14. April 2014 17:06

aber insgesamt hängt es an allen Ecken und Enden an Leuten, die es wirklich wollen und dann auch mit anpacken beim Umsetzen.

Kann ich mir gut vorstellen, gibt ja echt spannenderes als Lizenzfragen. Ist ja auch nicht so megawichtig, ich hab mich zwar schon gewundert, warum so eine restriktive und "unfreie" Lizenz gewählt wurde, aber für die meisten zwecke ist es ja auch egal.

Das wichtigste Argument für einen Lizenzwechsle wäre imho noch eine evt. bessere Kompatibilität mit anderen Linux Wikis, so das man Texte besserer austauschen könnte, da gab es ja auch schon mal überlegungen zu, aber da fehlen dann ja erst recht Leute die es machen (und nein, ich kann nur klugscheißen, ich habe auch keine Zeit dafür ☹ )

Dee

Avatar von Dee
4 15. April 2014 07:27

Naja, die NC-Lizenz hat zur Folge, dass man beispielsweise aktuelle keine Inhalte aus dem Wiki nach Ikhaya übernehmen darf. Das ist etwas hinderlich.

Und ansonsten ist eben wie im Artikel gezeigt, nicht klar, was NC ist, also wo man die Wiki-Inhalte überhaupt korrekt wiedergeben darf.

Matthias

Avatar von Matthias
5 21. April 2014 09:30

Meine Beiträge sind GFDL dual lizensiert, aber ich glaube die CC-BY-SA Migrationsklausel war zeitlich limitiert und wurde von der FSF extra für Wikipedia eingebaut.

Dee

Avatar von Dee
6 21. April 2014 11:17

@5: Nein, die Klausel steht noch fest in der GFDL 1.3 drin: http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html Abschnitt 11. Gilt natürlich generell, sondern eben nur für Wikis und dergleichen.