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Der Preis der Freiheit - Teil 2

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Keine Sorge. Es hat sich nichts verändert. Der Scanner scannt immer noch zuverlässig wie eine eins. Die selbst compilierten Sane Backends waren wohl erste Sahne. Den Entwicklern sei Dank. Auch das Spiel mit dem Stecker ist mir treu geblieben. Nach jedem Booten, einmal raus, einmal rein. Aber Bewegung soll ja gut sein.

Teil 2 – Thats it!

OK. Alle wieder auf dem gleichen Stand? Dann kann es weiter gehen. Inzwischen habe ich die Zeit genutzt, all die Kommentare zu lesen, die ihr geschrieben habt. Da habe ich ja was Schönes angerichtet! - Genau das, was ich wollte: Dass die Gedanken sich bewegen und die Meinungen sich treffen. Nur eins, das wollte ich ganz bestimmt nicht, rummaulen und sich beschweren. Ich habe mir nur angewöhnt, seit ich von ubuntu überzeugt bin, ganz genau hinzugucken, wie es mir geht, vor allem beim frickeln (was ist das eigentlich?) und mich zu fragen, ist das jetzt normal? Könnte es andern auch so gehen? Und darum meine ich, dass ich mir es nicht hätte sparen können, das zu schreiben. Wenn ich nämlich ganz selbstbewusst davon ausgehe, dass ich hinlänglich normal bin – zumindest bis zum Beweis des Gegenteils bleibe ich dabei – und wir ubuntu weiter verbreiten wollen – wollen wir doch oder? - dann schreibt ihr Entwickler genau für solche Leute Software. Und ich kann euch nur sagen, ich habe einen höllischen Respekt vor eurer Leistung. Zu DOS Zeiten habe ich selbst programmiert, aber das ist lange her. Kommen wir zurück zu dem einigermaßen normalen, manchmal wider besseres Wissen und Überzeugung planlosen Menschen, der der Versuchung erlegen ist und sich den nächstbesten Scanner ohne den Verkäufer zu erziehen oder die Hersteller abzustrafen, unter den Nagel gerissen hat. Mein Gott, ich gehe ja auch manchmal zu McDonalds. Aber mit schlechtem Gewissen hinterher. Also er hat nun den Scanner und zwei Möglichkeiten vor der Nase: Frickeln oder schnell? Und da genau fängt es an interessant zu werden: Was treibt einen Menschen dazu, sich so anzustrengen, wenn es doch auch ganz einfach geht? Was kriege ich dafür? Ist es das wert? Meine Frau bringt das Problem auf den Punkt. Sie sagt: „Für mich ist das Ding ein Arbeitsgerät. Es muss funktionieren. Sonst nichts. Meine Phantasie tobe ich lieber sonstwo aus.“ So gesehen hat sie recht. Oder sagen wir einmal so, muss man, um mit ubuntu arbeiten zu können, sein Betriebssystem lieben? Oder studieren? Oder am Ende gar verstehen? Kann es nicht einfach nur genügen jemanden zu kennen, der ubuntu versteht? Oder studiert? Oder liebt? Ist es legitim, mit ubuntu zu arbeiten, weil es besser läuft und ich von den Automaten, die mir alles abnehmen und oft genug auch versauen, die Nase voll habe. Ist das erlaubt? Und was ist der Preis dafür? Was ist der Preis der Freiheit? Anders gefragt: Muss ich ein Auto bauen können, um es fahren zu dürfen? Ich meine die Frage keineswegs ironisch. Ich meine sie ernst. Wie viel muss ich an technischem Interesse mitbringen, wenn ich mich von Windows befreien will? Mir persönlich geht es in der Konsequenz um mehr: Mir geht es dabei um meine Freiheit. Ich möchte die reale, nicht nur theoretische, Möglichkeit haben, mein System zu verstehen, einzugreifen und zu verändern. Bei Windows hatte ich das nie! Und wehe es geht mal nicht so, wie man sich das in Redmond bei München vorgestellt hat. Dann geht das Gefrickel aber erst richtig los, sage ich euch und ohne jede Chance auf Erfolg. Dem will ich mich nicht ausliefern. Zumindest nicht völlig. Thats it! Was treibt mich also dazu, mich so anzustrengen? Ich will meine Souveränität behalten. Ich will verstehen, was ich mache und ich will es anders machen können, wenn ich das will. Zwischen dem Anschließen und dem Ding Dong bleibt dafür kein Raum. Dafür geht’s einfach. Aber ich bleibe dumm. Das ist oft so, bei den allzu einfachen Antworten. Was kriege ich dafür? Eine Menge Antworten. Auch auf Fragen, die ich gar nicht gestellt habe. Aber das ist kein Fehler bei einem komplexen System. Und am Ende habe ich nicht nur mein Problem gelöst (Scanner scannt), sondern noch mehr dazu gewonnen. So hole ich mir jetzt auch schon mal Programme, die nur im Quellcode vorliegen und mache sie lauffähig. Aber das ist noch lange nicht alles. Ich habe auf diesem Weg eine Menge Leute kennengelernt, deren Denke, ihre Sprache, ihre Art und Weise mit Problemen umzugehen, Lösungen und Irrwege. Ich bin dabei auf Themen gestoßen, die ich vorher noch gar nicht im Blick hatte und Fähigkeiten von Xsane entdeckt, die mir bislang entgangen waren. Ich habe Internetseiten und Foren gefunden, die ich öfter besuchen werde, auch bei anderen Problemen. Ich bin selbst komplexer geworden in meinem Denken und in meinem Wissen. Von den klugen, lustigen oder nachdenklichen Sprüchen am Ende manches Beitrags ganz zu schweigen. All das hätte ich nie erlebt, wäre ich den Verlockungen des Ding Dong gefolgt. Gerät gefunden, Gerät installiert, Gerät genutzt, ich selbst nicht gefragt. Bin auch nicht nötig. Stör eher nur. Und für solche Leute ... Ob es das wert ist? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich weiß was es kostet: Zeit, Geduld, Gehirnschmalz, Energie. Das Auf und Ab der Gefühle, die Gefahr sich zu verlieren, auch vertane Zeit manchmal, Termindruck auf der Arbeit, rote Augen, je nach Monitoreinstellung, die Häme der Kollegen, mein Windows kann das alles schon allein. Und ich weiß was ich dafür kriege. Gut arbeiten kann ich damit auch noch. Am Ende sogar besser, wie man sieht. Für mich ist es das wert. Und solange meine Frau mich noch mit Charme von der Kiste weglocken kann und ich mich auch weglocken lasse, soll das auch so bleiben. Punktum. Was aber können wir tun oder haben wir schon getan, damit auch die, die nur ein vernünftiges Arbeitsgerät suchen, zu ubuntu greifen. Und auch die eine Chance kriegen, die da leben wo es weder Geld noch die wahnsinns tollen Kisten gibt, die Vista haben will. Be patient. Ich will noch einen dritten Teil schreiben. Danke an Thomas Schaaff für diesen Beitrag.